Analívia Cordeiro

Radical Software

In M3x3 (1973) verbindet Analívia Cordeiro (geb. 1954, São Paulo) digitale Technologie mit Tanz und Video. Die Choreographie, die von neun Tänzer*innen ausgeführt wird, wurde von einem Computerprogramm entworfen, erklärt die Künstlerin: „Im Fall des Fernsehens habe ich die Aufnahmeperspektive, das Heran- und Herauszoomen, die Zeit und die visuellen Effekte bestimmt. Daraus ergaben sich dann die Körperpositionen der Tänzerinnen, die entsprechend der Perspektive der Fernsehkamera aufgezeichnet wurden, sowie der zeitliche Abstand zwischen den Positionen. Das Fernsehteam erhielt Anweisungen, die alle Takes mit Zeitangaben und visuellen Effekten enthielten. Zwei Informationen sind für das Verständnis dieser bahnbrechenden Forschung von grundlegender Bedeutung: Ich verwendete einen Digital PDP-11 Computer mit 5 MB Speicher und 256 KB Speicherkapazität. Die Körperpositionen wiederum stellte ein Vektor aus sechs Zahlen dar, die dem linken Bein, dem rechten Bein, dem linken Arm, dem rechten Bein, dem Rumpf und dem Kopf entsprachen. Die Dekodierung der Zahlen für die Strichfigürchen erfolgte manuell, da es damals in Brasilien noch keine Grafikplotter gab.“ Das Werk mit seiner mechanischen Bewegung und der binären Darstellung (schwarz-weiß) sollte die technologischen und politischen Veränderungen widerspiegeln, erklärt Cordeiro: „Einerseits stand die ganze Welt unter der Herrschaft der Massenmedien und dem alles beherrschenden Thema, was die Massenmedien aus den Menschen machen würden, wenn sie sie in Objekte ohne Identität und Individualität verwandelten. Auf der anderen Seite gab es in Brasilien eine Diktatur, die die Menschen bereits in Nicht-Identitäten verwandelt hatte, weil sie keine eigene Meinung haben durften und angewiesen waren, den Regeln der Regierung zu folgen.“