In den letzten Jahren ist die Diskussion um den Raum sowohl von Künstlern als auch von Architekten mit neuer Intensität geführt worden. Die Kunsthalle Wien präsentiert diese Visionen zum Thema Raum als Erkundungen im Grenzbereich zwischen Kunst und Architektur. Insgesamt werden 55 aufsehenerregende Architekturmodelle sowie multimediale Dokumentationsformen gemeinsam mit über 80 künstlerischen Werken gezeigt, um so sichtbar zu machen, wie die Disziplinen einander befruchten und voneinander lernen.
Die Architektur liefert Räume mit spezifischer Nützlichkeit: etwa den Wohnraum, den Verkaufsraum, die Produktionsstätte oder den Ausstellungsraum. Wie die berühmte Ausstellung ‚Deconstructivist Architecture‘ im Museum of Modern Art in New York zeigte, versuchen Architekten gegenwärtig, sich durch Aspekte der Zufälligkeit und durch „systematische Unordnung“ vom Klischee des Funktionierens freizuspielen.
In einer gegenläufigen Bewegung haben sich die Künstler zunehmend mit den Funktionen der architektonischen Infrastruktur des Ausstellungsbetriebs auseinandergesetzt. Die Kunst verfügt nicht nur über den Werkraum (den Raum, den das Werk einnimmt), sondern bedient sich auch der sie beherbergenden Räume und ihres Sonderstatus: Das Museum und das Atelier werden als wesentliche soziokulturelle Bedingungen von den Künstlern analysiert und kritisch hinterfragt.
Die architektonischen Projekte beziehen sich auf konkrete Räume: etwa ein Universitätsgelände, das als Kloster interpretiert und vollständig begrünt wird (Acconci/Mangurian), ein heruntergekommenes Stadtviertel, das durch spezielle Lichtinszenierungen aufgewertet werden soll (Studio Works/James Turrell), ein Haus auf einer Klippe, das die vielversprechende Aussicht aufs Meer so lange wie möglich hinauszögert (Diller/Scofidio), Bernard Tschumi mit seinen Entwürfen für den Parc de la Villette (der Architekt hat diesen riesigen Pariser Stadtpark mit locker verteilten, rot verkleideten Strukturen als Markierungspunkte, großzügigen Rasenflächen und vielen einzelnen Gebäuden für Kultur, Spiel, Sport usw. zu einem Gesamtkunstwerk des Dekonstruktivismus gestaltet).
Die großen Dekonstruktivisten sind mit zentralen Projekten vertreten: Coop Himmelb(l)au („Open House“), Peter Eisenman („Guardiola House“), Zaha Hadid („Hague Villa, Cross House, Spiral House“) oder Daniel Libeskind („Berlin City Edge“).
Den Freiraum der Kunst definiert Absalon etwa durch eine sockellose Skulptur in Form einer überirdisch weißen Raumzelle, und Chris Burden baut aus zwei Symbolen technischer Hybris ein Karussell, hängt an die Spitze des Eiffelturms zwei Modelle der Titanic, die durch die rotierende Turmspitze herumgewirbelt werden.
Daniel Burens begehbare Rauminstallation, aus streng konzeptuellen, vertikalen Streifen aufgebaut, stellt keine situationsspezifische Arbeit dar, sondern wird als eigenständiger, mobiler Raum in die Ausstellung eingeschleust. Heimo Zobernig gestaltet eine kontemplative Situation vor Ort durch einen weißen Kubus, vor dem Sitzobjekte von Franz West aufgestellt werden (Sitzgruppe Heimo).
An den Schnittstellen zwischen Kunst und Architektur gibt es auch Mischformen wie die Modelle von Tadashi Kawamata oder Dan Graham, die architekturale Skulpturen dieser Künstler im Außenraum dokumentieren.