video des monats #64: Clemens von Wedemeyer

Ausstellung
1/2 2011 — 28/2 2011
Museumsquartier / Videolounge

Von Gegenüber / From The Opposite Side

2007, 35mm, 38:30 Min, Loop
Regie: Clemens von Wedemeyer

Das Kino Metropolis liegt neben dem Hauptbahnhof. Hier läuft ein Film, der vor der Tür gedreht wurde: Passanten laufen durch den Bahnhof, Polizisten gehen ihrer Arbeit nach, Alltägliches passiert… Das wandernde Bild auf der Leinwand zeigt einen subjektiven Blick, man hört Atmen und laufende Schritte: Jemand schaut in die Kamera, als ob er uns kennen würde. Durch den Weg und die Blicke der Schauenden findet man vielleicht heraus, durch wessen Auge man schaut – vielleicht. Denn dies ist kein Dokumentarfilm. Das Kino gibt quasi als eigener Körper den Blick und das Gehör des Betrachters vor. Dieser Innenraum aber bleibt mit dem öffentlichen Raum verbunden: Über den Weg nach draußen wird der eigene Blick auf das Areal der Filmproduktion am Bahnhof mit der Ansicht auf der Leinwand verglichen: objektiviert, verzerrt oder enttäuscht.
(Clemens von Wedemeyer)

In Clemens von Wedemeyers Filmen geht es nicht in erster Linie darum, lineare Handlungen zu entwerfen. Wedemeyer generiert eindrucksvolle Szenen, in denen nüchtern-sachliche Sequenzen sich zu metaphorischen, überzeitlichen Bildern verdichten. Seine Filme haben den Charakter von dokumentarischen Essays, die zugleich durch punktuelle Unschärfen in Ton und Bild, durch Filmzitate sowie dramatische Lichteffekte und die daraus resultierende Unbestimmbarkeit von Ort und Zeit systematisch gebrochen werden.
Oft wenden isolierte, in einen fremden Kontext eingebundene Handlungen alltägliche Szenen ins Absurde. Die Konzeption der Filme als Loop oder Fragment unterstützt die Auflösung des Dokumentarischen. Diese Brechung bedeutet jedoch nicht die Abkehr von der Wirklichkeit, sondern stellt vielmehr den Versuch dar, ihrer Komplexität gerecht zu werden. Gleichberechtigte „Making-Ofs“ beleuchten Bedingungen und Hintergründe vieler Filme, wodurch das Verständnis und die Wirkung der Filme nachträglich beeinflusst wird und die absurden oder metaphorischen Anklänge in vielen Fällen verstärkt werden. Wedemeyers Arbeiten thematisieren gesellschaftliche Entwicklungen und Wandlungen von Machtstrukturen im Spiegel von Architektur, Stadt und Raum.
(Sabine Huzikiewiz)

Clemens von Wedemeyer

Clemens von Wedemeyer, *1974 in Göttingen. Lebt und arbeitet in Berlin.
Clemens von Wedemeyers Arbeiten waren auf zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen, wie zum Beispiel auf dem Tina B – Prague Contemporary Art Festival (2006) in der National Gallery, Prag; bei den 52. Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen im Mai 2006; auf der 4. berlin biennale (2006); sowie in der Einzelausstellung Clemens von Wedemeyer im Kölnischen Kunstverein (2006), im P.S.1. MoMA, Long Island (2006), in der Curve Commission, Barbican Arts Centre, London (2009) und im Frankfurter Kunstverein (2011) u.v.m.

Kamera: Frank Meyer; Kostüm: Katja Kirn; Produktionsleitung: Silvia Loinjak
Regieassistenz: Rita Gloria-Curvo, Sabine Huzikieviz; Aufnahmeleitung: Stella Denis
Ton: Alexander Heinze; Tongestaltung: Thomas Wallmann; Oberbeleuchter: Mathias Beier