15/7 – 2/8 2020
Thomas Geiger Festival of Minimal Actions, 2020
Reumannplatz, 1100 Wien,
In seiner künstlerischen Praxis nutzt Thomas Geiger (geb. 1983 in Lörrach (Deutschland), lebt und arbeitet in Wien) Performance, Skulptur und Sprache in vielfältigen Kombinationen. Er schafft fragmentarische Bühnensituationen und spielerische Verbindungen zwischen Objekten, verstorbenen Persönlichkeiten und historisch aufgeladenen Orten, womit er oftmals die klassischen Trennlinien zwischen dem öffentlichen, privaten und institutionellen Raum durchbricht. Seine Arbeiten reflektieren zudem über ihre Distribution abseits des traditionellen Kunstmarkts und ökonomischer Systeme im Allgemeinen.
Im Rahmen von KISS realisiert Thomas Geiger eine neue Ausgabe seines Festival of Minimal Actions, das zuvor schon in Brüssel (2014), in Paris (2015) sowie in San José (Costa Rica, 2018) Station machte. In einer Art Wiedererweckung von performativen Aufführungsformen schafft Geiger Situationen, die sich mit der (Un-)Möglichkeit von körperlicher Interaktion, Zuneigung, Intimität und Romantik im öffentlichen Raum zu Zeiten der Pandemie beschäftigen.
Ist ein Kuss durch eine Glasscheibe noch ein Kuss? Oder etwa über ein digitales Netzwerk? Und wenn man seine Wohnung nicht verlassen darf, kann man dann wenigstens seinem Körper entfliehen? Ist ein authentischer zwischenmenschlicher Austausch möglich, wenn man dafür bezahlt wird? Und wem vergessen wir zu danken? Wird eine Statue meinen Kuss erwidern? Und was, wenn das Leben ein romantischer Film wäre?
Das Festival – dessen Prämisse der Glaube an die Autonomie der performativen Arbeiten von ihren Urheber*innen ist – versammelt eine sorgfältige Auswahl von Arbeiten anderer Künstler*innen, die durch Geiger selbst am Reumannplatz in Wien-Favoriten wiederaufgeführt werden. Aufgrund der unterschiedlichen sozialen, politischen und zeitlichen Kontexte der originalen Performances und jener vor Ort in Wien erlangen die Arbeiten zusätzliche Facetten bzw. legen einige ihrer ursprünglichen Aspekte ab. Geigers Neuinterpretation erlaubt eine Wiederentdeckung der Kunstwerke, die vielleicht für ein anderes Publikum und in einer anderen Vermittlungsform gedacht waren, und regt damit zum Nachdenken über Zugänglichkeit, Reproduzierbarkeit und Autor*innenschaft an. Diese Zeit der besonderen Einschränkungen – ob nun Versammlungen oder Reisen betreffend – verleiht solch einer Strategie noch zusätzliche Komplexität.
Mit seinem Festival of Minimal Actions ermöglicht Geiger dem Wiener Publikum, Performances aus vielen Gegenden der Welt zu erleben, mit unterschiedlichen historischen Bezügen, geschaffen von einer Vielfalt von Autor*innen – Performances, an denen es nun ohne Anreise, Grenzkontrolle oder Virustest teilhaben kann.