Iman Issa

Iman Issas Praxis zeichnet sich durch einen scharfen Blick auf die Macht des Displays im Bezug auf kulturelle und akademische Institutionen aus. Während sie häufig experimentell an ihre Arbeit herangeht und die Betrachtenden auffordert, ihre eigenen Erfahrungen und Erwartungen in das Projekt einzubringen, legt die Künstlerin Wert auf eine präzise und klare Bildsprache. Sie übersetzt ihr Interesse an Geschichte, Museen und Sammlungen in eine Methode, mit der es möglich wird, vorgefasste Meinungen hinsichtlich unseres Wissens und historischer Transparenz oder Genauigkeit zu destabilisieren. Ihre in neuen Kontexten und Kombinationen situierten Objekt-Text-Paarungen bieten alternative Erzählweisen und Vorstellungen von dem, was wir zu wissen glauben. Ob es nun um die Rolle von Kunsttexten wie in ihrer Lexicon [Lexikon]-Serie (2012–2019) oder das Verhältnis zwischen Künstler*in und Werk in Proxies, with a Life of Their Own [Stellvertreter*innen und ihr Eigenleben] (2019–) geht – Iman Issas Arbeiten sind stets nuancierte Betrachtungen von Bedeutungen, die sich unter der Oberfläche des Sichtbaren verbergen.

In einem Beitrag mit dem Titel I, the Artwork [Ich, das Kunstwerk] kombiniert Iman Issa ihre eigenen Arbeiten mit acht Kunstwerken aus der Sammlung des MoCA Skopje. Der gemeinsame Nenner in dieser Zusammenstellung aus Skulpturen und Druckgrafiken besteht darin, dass es sich durchwegs um Figuren handelt, von denen bei vielen die Gesichter nicht zu sehen sind. Die Auswahl wirft die Frage auf, ob die Künstler*in hinter dem Werk zurücktreten und ein Kunstwerk seinen eigenen institutionellen und künstlerischen Kontext bestimmen kann. Sorgfältig ausgewählt und arrangiert, verweben sich die Skulpturen, Fotografien und Videoarbeiten zu einer Art Remake, bei dem ursprüngliche Bezüge aufgehoben und neue hergestellt werden. Durch die Auflösung dieser Verknüpfungen können die Kunstwerke nicht mehr über die Biografien der Künstler*innen gelesen werden und regen stattdessen eine Vielzahl anderer Verstehensweisen an. Im Gegensatz zu den üblichen Hierarchien und Vorannahmen lädt I, the Artwork [Ich, das Kunstwerk] die Betrachtenden ein, sich auf einen spielerischen Denkprozess mit alternativen Deutungsmöglichkeiten und neuen Verbindungslinien einzulassen. Für Iman Issa ermöglicht dieser Prozess, „die Werke vor der Aneignung zu bewahren, indem die Aneignung sehr transparent gemacht wird“.