Siniša Ilić

Siniša Ilić ist ein bildender Künstler, der Arbeiten auf Papier mit Installation, Video und Performance verknüpft. Sein Werk dreht sich um verschiedene gesellschaftliche Konfliktbereiche, sei es in Bezug auf Nachhaltigkeit, kulturelles Erbe, Arbeitsbedingungen oder Migration, sowie um die Möglichkeiten, freundschaftliche Allianzen und Solidarität aufzubauen. Der Künstler nähert sich diesen Themen vielfach aus einer historischen Perspektive, wobei er das Verhältnis zwischen dem Globalen Süden und Norden, insbesondere im Hinblick auf gewalttätige Auseinandersetzungen hinterfragt. Ein Hauptaugenmerk in Siniša Ilićs Arbeiten gilt dem ehemaligen Jugoslawien, sowohl hinsichtlich seiner historischen Bedeutung als auch heutiger Konnotationen. Dabei versucht er zu ergründen, weshalb die Vergangenheit oftmals Wege findet, durch die Risse der Geschichte durchzusickern, und welche Möglichkeiten es gäbe, sie mit der Gegenwart zu versöhnen.

In seiner Rauminstallation mit dem Titel Filigran schlägt Siniša Ilić eine neue Lesart der Stadt Skopje vor. Seine Arbeit verbindet acht abstrakte skulpturale Objekte aus der Sammlung des MoCA Skopje mit eigenen Zeichnungen, Collagen und Bewegtbildmaterial, die er auf unterschiedlich hohen Podesten platziert. In dieser Szenografie wird dem Publikum ein ungewöhnlich nahes Erleben der Kunstwerke ermöglicht, da die Betrachtenden eingeladen sind, mit dem Raum zu interagieren und in nächster Nähe der Arbeiten Platz zu nehmen.

Die unregelmäßige Podestlandschaft spiegelt die Topografie der Stadt Skopje und die verschiedenen Blickwinkel wider, von denen aus wir über die Geschichte der Stadt und ihr außergewöhnliches Mäandern zwischen Erdbeben-Ruine und Moderne nachdenken können. Besonders hervorgehoben wird dies durch Dimo Todorovskis Skulptur Mutter und Kind – Skopje Tragödie (1963), die als einziges figuratives Werk in der Auswahl die drastischen Folgen des Erdbebens unmittelbar vor Augen führt.

Die zeitgenössischen Werke von Siniša Ilić beschreiben hingegen die völlig veränderte Gegenwart Skopjes – Choreografien von Bau und Abriss sowie das Wiederverwerten von Materialien, aber auch gegenwärtige Arbeitsbedingungen. Eine der Zeichnungen, die der Künstler aus dem Gedächtnis angefertigt hat, zeigt ein Fast-Food-Restaurant in Skopje. Sie lenkt unseren Blick auf eine Gemengelage von Wirtschaftskrise und Lethargie, die von einem anderen, eher symbolischen Erdbeben erzählt.

Die Arbeit Filigran – deren Titel sich auf eine Technik bezieht, bei der Gold- oder Silberdraht zu zarten Ornamenten verarbeitet wird – erinnert daran, auf welch zarte Weise die Fäden von Geschichte und Gegenwart miteinander verbunden sind und ein komplex gewebtes Muster bilden, das das Trauma der Vergangenheit und seine Resonanz im Heute sichtbar macht.