Die Fotografien von Pascal Petignat wurden in Fertörakos, Agfalva, Kistómalom, Balf (Ungarn) und in Moschendorf (Österreich) aufgenommen und stellen Fertighäuser in einsamen, kargen und flachen Landschaften, Rohbauten und eine viktorianische Villa neben einem verrosteten Auto dar. Da eignen sich Burgenländer wie Ungarn einen Way of Life aus dem Westen an, bedienen sich Vorbildern und Schablonen, die der metaphorischen Bedeutung des Bauens, des Aufbaus und Aufschwungs, einen bitteren Beigeschmack hinzufügen. Der neue Glanz oberflächlicher Aneignungen steht neben Relikten des Kommunismus und alter Zeiten. Die Künstlichkeit der Bauten zeugt von einem Mangel an Authentizität, während die Markierungen zwischen Ost und West verschwimmen.
In der Serie Grenzland (2002/2003) beschäftigt sich Pascal Petignat mit Grenzgebieten zwischen Österreich und den neuen EU-Ländern Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien. Auf langen Reisen sammelte Petignat fotografische Dokumente, die von Assimilationen, Angleichungen, Nachahmungen und Sehnsüchten der neu eingegliederten Balkan-Länder zeugen. Die visuellen Unterschiede der Grenzgebiete werden immer kleiner und doch sind sie als Zeichen, in denen sich Geschichte und/oder Gegenwart spiegeln, noch sichtbar. Petignat beleuchtet mit seinen Fotografien das Diesseits und Jenseits der Grenze, die von Andersartigkeiten und Absurditäten auf beiden Seiten berichten. Durch die Einfügung von gesehenen und gefundenen surreal wirkenden Elementen und Irritationen, wie zum Beispiel eine perspektivisch auf ein Haus gemalte Stadtlandschaft, bricht der Künstler ein rein dokumentarisches Abbilden und beschreibt humorvoll die oft mühsame Realität der Annäherung.
Dabei galt das Interesse des Künstlers, ganz im Gegensatz zu journalistischen Fotografien dem Kleinen und Unspektakulären. Auch technisch versucht Petignat während des Fotografierens und auch nachträglich bei der Entwicklung seiner Arbeiten, Kontraste abzuschwächen und zu starke Dunkel- und Hellwerte aus dem Bild zu nehmen, um – wie es scheint – das neue kapitalistische Glitzern der Städte und das Aufblühen des Konsums nicht zu stören.
Als postmoderner Flaneur bedient sich Pascal Petignat dokumentarischer Strategien und stellt interessante thematische Einblicke in die Grenzproblematik von Ost und West fotografisch zusammen; dabei verfällt er nicht dem Wahrhaftigkeitsmythos der Fotografie, sondern bleibt mit den wahrgenommenen und festgehaltenen Skurrilitäten als Autor präsent und verbindet so, wie Roland Barthes in Die helle Kammer sagen würde, das studium mit dem punctum, beim Betrachten der Arbeiten kann so ? idealer Weise – das to love das to like ergänzen.
Pascal Petignat, 1969 in der Schweiz geboren, lebt und arbeitet seit 1995 in Wien.
Kuratorin: Angela Stief