FernsehFilm – TV (on) Screen

Veranstaltung
28/10 2001 15 Uhr
Museumsquartier / Halle1

Veranstaltungsprogramm zur Ausstellung „Televisions – Kunst sieht fern (18.9.2001 – 6.01. 2001

Einführung: Stefanie Schulte Strathaus, Birgit Kohler (Freunde der Deutschen Kinemathek e.V. / Kino Arsenal)

Inzwischen gibt es auch vermehrt die Rezeption bewegter Bilder durch den Einzelnen im öffentlichen Raum Galerie. Den Rahmen unserer Filmvorführung bildet ein Ort der Kunst, außerhalb des Kinos. Schulte Strathaus und Birgit Kohler projizieren den Fernseher auf die Leinwand und stellen dadurch weitere (Bild-)Rahmen her. Hierbei geht es uns weniger um eine kritische Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Bilder, sondern vielmehr um die physische, materielle oder haptische Differenzierung medialer Grenzen.

In MURDER PSALM (Stan Brakhage, USA 1981) ist das Fernsehbild eine von vielen Bildsorten und als solches nicht immer eindeutig identifizierbar. Die Oberflächen des Film- und die des Fernsehbildes gehen einen sonderbaren Dialog miteinander ein, bei dem der Mangel der Bildqualität die Unterschiede des Materials sichtbar macht. Wesentlich deutlicher konturiert ist das Fernsehbild in ALPSEE (Matthias Müller, D 1994). Im Interieur der sechziger Jahre erhält der Fernsehapparat (auch im Sinne von „der Apparat Fernsehen“) geradezu einen Bühnenauftritt: „Was Sie jetzt sehen, ist ein menschliches Herz“, so die körperlose Fernsehstimme, kurz bevor der Vorhang fällt. Die Fernsehbilder in Helen Lees SALLY’S BEAUTY SPOT (Helen Lee, Kanada 1990) fungieren als Erinnerungsbilder. Ursprünglich über den Kinofilm vermittelt und durch die Ausstrahlung im Fernsehen verstärkt, wird der normative Kodex des Films „The World of Suzie Wong“ ausschnittsweise ins Filmbild zurückgeholt und dekonstruiert. Außerdem erscheinen die für das Fernsehen charakteristischen durchlaufenden Querstreifen auf der Bildfläche. Diese sind dann auch formgebendes Element in WRESTLERS (Marie Menken, USA 1964) – zum Verwechseln ähnlich dargestellt von Seilen, die den Kampfring begrenzen. Die 16mm-Handkamera ringt tänzerisch mit den Abgrenzungen des Fernsehbildes, so daß sich zwei gerahmte Bewegungsbilder überlagern, ohne jemals deckungsgleich zu werden. Eine unüberwindbare Grenze stellt die Kadrierung des Fernsehbildschirms für die Hunde in RUNAWAY (Standish Lawder, USA 1970) dar, die je nach Zoomeinstellung auch als Leinwandkasch fungiert. Gefangen im Bildrahmen jagen sie hin und her. Die Zoombewegung in RUNAWAY testet die Tiefe des Bildes aus, die ein Leinwandbild von einem Fernsehbild unterscheidet, und macht den Fernseher auch hier wieder zum Gegenstand des Kinos.

Nach einer Pause wird der filmische Blick auf das Fernsehen um einen anderen Gesichtspunkt erweitert. In den 70er Jahren gab es, insbesondere in Berlin, eine Zeit, in der Film und Fernsehen als Orte der politischen Auseinandersetzung fast gleichberechtigt nebeneinander standen. Zum einen sollten die verkrusteten Strukturen innerhalb der gesamten Medienlandschaft aufgebrochen werden und zum anderen sollten sie den Zwecken der Aufklärung und Emanzipation dienen. In diesem Zusammenhang entstand im Jahre 1978 HEXENSCHUSS von Riki Kalbe. Der Film erzählt die Geschichte von drei Frauen, die zusammen leben und einen Störsender bauen, mit dem sie sich in den Ton des laufenden TV-Programmes einschalten. Warum sie das tun, vermittelt eine polemische Montage von TV-Archivmaterial, die zeigt, wie Männer in führenden gesellschaftlichen Positionen über Frauen reden und was sie tun. Als Vorfilm dazu zeigen wir NEGATIVE MAN von Cathy Joritz (BRD 1986), eine Persiflage auf eine amerikanische Fernsehsendung, in der ein Sozialarbeiter einen Klientenfall vor dem Publikum ausbreitet.

Das Programm

Murder Psalm
Stan Brakhage, USA 1981, 16mm, stumm, Farbe, 20 Min. bei 18 B/sek.

Alpsee
Matthias Müller, Deutschland 1994, 16mm, Lichtton, Farbe, 15 Min.
Sally’s Beauty Spot
Helen Lee, Kanada 1990, 16mm, Lichtton, Farbe/Schwarzweiß, 13 Min.
Wrestlers
Marie Menken, USA 1964, 16mm, stumm, Schwarzweiß, 8 Min.
Runaway
Standish Lawder, USA 1970, 16mm, Lichtton, Schwarzweiß, 3 Min.

Pause

Negative Man
Cathy Joritz, BRD 1986, 16mm, Schwarzweiß, 3 Min.
Hexenschuss
Riki Kalbe, BRD 1978, 16mm, Magnetton, Farbe, 29 Min.