Einführung: Juliane Bischoff
1972, 2008
35mm/HD, 38:12 min
© Sarah Morris, Courtesy White Cube
1972 wurde in München gedreht und ist das Porträt einer Stadt wie auch einer Person. Georg Sieber – damals leitender Polizeipsychologe der Olympischen Spiele – befand sich an jenem tragischen Morgen des 5. September 1972, als die Terrorgruppe Schwarzer September die Mitglieder der israelischen Olympia-Mannschaft angriffen und als Geiseln nahmen, auf der Connolly Street. Nach diesem Vorfall kündigte Sieber. Er war vom Internationalen Olympischen Komitee und der Münchener Polizei beauftragt worden, mögliche Szenarien vorherzusagen, die die Sicherheit der Olympischen Spiele gefährden könnten und sollte auch die notwendigen Sicherheits-Trainings vorbereiten. Eines der Szenarien, die Sieber entworfen hatte, war eine fast exakte Prognose dessen, was sich schließlich ereignete.
In 1972 kombiniert Morris Bilder der Polizeiüberwachung von Demonstranten und Archivfotos der Olympischen Spiele mit Aufnahmen des Münchner Olympia-Parks und einem Interview mit Sieber, der seit langem als Psychologe tätig ist und als Experte in internationalen Sicherheitsfragen gilt.
Anhand dieses konkreten historischen Falls thematisiert der Film das Verhältnis von Prognose und Planung und die Möglichkeit des Scheiterns. Er präsentiert eine subjektive, parallele Sichtweise, die sich von den weit verbreiteten Ansichten rund um die Ereignisse der Olympischen Spiele von 1972 radikal unterscheidet.
Beijing, 2008
35mm/HD, 84:47 min
© Sarah Morris, Courtesy White Cube
Beijing konzentriert sich auf eines der komplexesten und undurchschaubarsten international übertragenen Events der vergangenen Jahre – die Olympischen Spiele 2008 in Peking.
Die Olympischen Spiele stehen durch ihre historische Bedeutung und ihr unbedingtes Vertrauen in die Zukunft und die Nationen für ein System, das geprägt ist von modernem Kapitalismus, der beispiellosen Beherrschung der Technik durch Massenmedien, einer Massenmigration von Menschen und einer extremen mediatisierten Event-Kultur. In Beijing spielt Morris mit der Dualität einer ständigen Präsenz des Spektakels und dessen unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten.
Der Film ist ein surreales Porträt eines turbo-kapitalistischen, autoritären Staates in einer Zeit, in der das Internationale Olympische Komitee quasi die Führung der Hauptstadt übernommen hat. Beijing zeigt ein bislang sehr verschlossenes Land in einem Moment offenkundiger wie theatral inszenierter Offenkeit. Entsprechend – und das lässt uns vielleicht an Verschwörungstheorien denken – fragt der Film nach der Autorschaft über das Spektakel, wer es kontrolliert und letztlich auch nach der Rolle des Künstlers.
Eintritt EUR 2
Mit Ausstellungsticket oder Jahresticket gratis