Programm 2: Controlling Machines
In ihren Aufgaben, ihren Leistungen und ihrer Zweckmäßigkeit werden Maschinen zumindest sprachlich von ihrem Objektstatus abgekoppelt. Damit wird ihnen eine erweiterte Autonomie zugesprochen. Bereits in den 1920er-Jahren konnten Maschinen »sehen«, Computer waren schon in den 1960er-Jahren keine bloßen Werkzeuge und mittlerweile braucht es auch keine Menschen, die auf ominöse Steuerungsknöpfe drücken, um maschinelle Vorgänge aufrechtzuerhalten. Controlling Machines beleuchtet die Bereiche Produktion, Automatisierung und Kontrolle und die Statuswahrnehmung von Maschinen im Laufe der Zeit. Dafür verbindet das Programm Auszüge aus der Sammlung des Filmarchiv Austria mit Arbeiten zeitgenössischer Künstler/innen in kuratorischer Arbeit der Kunsthalle Wien sowie das dystopische Frühwerk von Stanley Kubrick THX 1138 (US 1971).
18 Uhr
Computer – Werkzeuge der Information
Produktion Schneiderbauer, A 1968
„Die Zeit der Pioniere ist vorbei“ Eine Zukunftsprognose ausdem Jahr 1968, die erstaunt, überrascht und belustigt. Mit Prof. Zemanek alstrocken philosophierender Moderator und von Trendkurven geprägtes Orakel zugleich.
»Sehende Maschine« Auszug aus Erzeugung und Verpackung der Zigaretten
Karl Köfinger, A 1928
Eine Maschine die sieht? 1928 war diese bei der Erzeugungvon Zigaretten bereits im Einsatz. Ein seltenes Dokument derAutomatisierung in der Produktion aus dem Filmarchiv Austria, der dieFaszination für Autonomität der Maschinen spüren lässt.
Der Automat
Kurt Steinwendner, A 1964
Ein Werbespot zu Weiterbildungsangeboten der Arbeiterkammerfür eine Zukunft in der am Arbeitsplatz nur noch „Knöpfe gedrückt“ werdensollen. Ein heiteres Zeitdokument aus der Sammlung des Filmarchiv Austria, dasdie Vision einer Gesellschaft trägt, in der noch wir die Maschinenkontrollieren.
Countering Capitulation
Gerald Nestler, A 2013–2014
DerFlash-Crash am 6. Mai 2010 war der größte Ein-Tages-Marktrückgang in derGeschichte. Eine forensische Untersuchung ergab, dass im Gegensatz zu denBehauptungen von US-Behörden, die die Schuld im menschlichen Handeln sahen, derCrash durch Handelsaufträge von automatisch generierten Algorithmen verursachtwurde. Computerbasierter Hochfrequenzhandel sowie andere automatisierteProzesse befinden sich jenseits des Leistungsvermögens menschlicher Erfahrung,menschlichen Handelns und menschlicher Kontrolle. COUNTERING CAPITULATIONermöglicht Einblicke in die Black Box des Marktkapitalismus.
Dead Reckoning
Zbyněk Baladrán, CZ/F 2014
»Dead Reckoning« ist ein technischer Begriff und bezeichnetdie laufende näherungsweise Ortsbestimmung eines bewegten Objekts auf Grundlageder Distanz vom ursprünglichen Ausgangspunkt. Neben Daten wie Geschwindigkeitumfasst die »Koppelnavigation«, so die deutsche Bezeichnung, auch fluktuierendeFaktoren wie Wind- und Meeresströmungen. Von diesem paradoxenwissenschaftlichen Phänomen, dessen angebliche Objektivität Fehler undUnsicherheit beinhaltet, leitet sich dieser Film ab.
5000 Feet is the Best
Omer Fast, D/US 2011
Ein experimenteller Dokumentarfilm, der Realität und Fiktionverwebt, um die wahre Geschichte eines Predator-Drohnenpiloten zu erzählen unddie psychologischen Nachwirkungen seiner Erfahrungen auf sein Leben und Umfeldaufzuzeigen. Der Film basiert auf Berichten von wiederkehrenden Vorfällen, beidenen mit dem unbemannten Flugzeug sowohl Soldaten als auch Zivilistenangegriffen wurden. Fiktionale Bilder zeigen dabei einen Familie im Urlaub, dievon einer Drohne attackiert wird.
Total Automation
1921 schrieb Karel Čapek in seinem utopischen Kollektivdrama R.U.R. erstmals von Robotern. In den 1930er-Jahren sprach Sigmund Freud vom Menschen als Prothesengott. Heute avancieren wir als Schöpfer von Ersatzteilen selbst zu Werkzeugen, die unter der Kontrolle von Maschinen stehen. Von der Zähmung des Feuers bis zur Erweiterung und Vervollkommnung der eigenen Organe durch Technik haben der Mensch und seine Maschinen im globalen System der automatisierten Moderne somit ihren eigenständigen Status verloren.
Was uns Film seit Anbeginn dessen Produktion als Fiktion vor Augen führte, erreicht uns im Zeitalter der erweiterten technischen Reproduzierbarkeit nicht mehr nur als Werk der Kunst, sondern als Teil eines übertechnisierten Alltags. Die Schöpfer sind zu Werkzeugen der Erzeugenden und somit selbst zum Werk der Erzeugung geworden: selbstlernende Algorithmen, Roboter, mechanische Kommunikationshilfen, lebenserhaltende Maßnahmen, lebensberaubende Gefahren, webbasierte Vernetzungskanäle, virtuelle soziale Räume. Wir schweben auf (Daten)Clouds und fühlen uns verloren, wenn sie mal nicht sind – eine Mensch-Technik-Beziehung begründet auf Abhängigkeit.
Doch wie weit geht sie? Die Automatisierung hat unzählige Formen angenommen. Was bei Henrik Galeen, Fritz Lang oder Stanley Kubrick noch als spekulative Filmfantastik galt, ist zur Teilrealität geworden. Künstlich geschaffene Prothesen haben eine Autonomie erlangt, ein Eigenleben entwickelt und damit auch die traditionelle Objekt- und Subjekt-Trennung in Frage gestellt.
Total Automation widmet sich in drei zusammenhängenden Programmen dieser Entwicklung sowie den sie begleitenden Bildern, Ängsten, Utopien und Dystopien. Mit einer Collage aus historischen Werbefilmen, wissenschaftlichen Dokumentationen, experimentellen Filmarbeiten zeitgenössischer Künstler/innen und ausgesuchten Spielfilmen der Filmgeschichte soll die Automatisierung und das in ihr verborgene Übernatürliche, Magische und Irrationale dort eine Projektionsfläche finden, wo schon immer ein anderer Blick auf die Welt definiert wurde – in der Maschine Kino.
Kurator/innen: Anne Faucheret (Kunsthalle Wien), Tomáš Mikeska (Filmarchiv Austria)
Mit einemTicket für das Filmprogramm Total Automation erhalten Sie in der KunsthalleWien ein Ausstellungsticket zu The Promise of Total Automation für EUR 2.
Termine
Mi 11/5, 20 Uhr
Do 12/5 & Fr 13/5, jeweils 18 & 20 Uhr
Filmprogramm: Total Automation
Mi 11/5, 18 Uhr
Kurator/innenführung mit Anne Faucheret and Tomáš Mikeska