Total Automation

Filmprogramm
13/5 2016 18 Uhr
Metro Kinokulturhaus

Programm 3: Desiring Objects, Desiring Machines

Was ist der menschliche Motor hinter einer Neuentwicklung, und wovon werden Maschinen angetrieben? Mit jedem Ziel, das wir mithilfe von Maschinen erreichen wollen, verleihen wir der Technologie einen Eigensinn. Sie wird zweckmäßig geschaffen, erhält damit ihre Berechtigung. Hilfsmittel im Haushalt bescheren uns eine ersehnte Erleichterung im Alltag. Das ist der Sinn ihrer Existenz. Intelligente Systeme lernen autonom aus diversen Informationsflüssen, sprich aus Erfahrung. Aspekte, auf die sie angewiesen sind, um den Zweck der automatisierten Weiterentwicklung erreichen zu können, ganz im Sinne ihrer Schöpfer und vielleicht auch darüber hinaus. Um das vielseitige Thema der Erfüllung des Begehrens durch und mit Maschinen aus mehreren Perspektiven zu beleuchten, zeigen wir Auszüge aus der Sammlung des Filmarchiv Austria in Verbindung mit Arbeiten zeitgenössischer Künstler/innen in kuratorischer Kooperation mit der Kunsthalle Wien sowie Spike Jonzes einfühlsames Beziehungsporträt Her (US 2013).

18 Uhr

Einküchenhaus
Dr. Leopold Niernberger, A 1922
Eine architektonische und technische Innovation alsErleichterung für eine von Zeitmangel und schwindender Lebensqualität geplagteFamilie. Ein Werbefilm der die Missstände näher beleuchtet, in dem die Automation als Lösung dargestellt wird, um eine Erleichterung im Haushalt zu erreichen.

Vampyr – der Retter
Julius Pinschewer, A 1925
Mit menschlichen Zügen und der Fähigkeit selbständig in dasLeben von staubgeplagten Menschen hinein zu düsen, wird ein Staubsauger zumObjekt der Begierde und erweckt mit seiner Saugkraft leblose Dinge zum neuenLeben.

What Robots give us
Rank Shorts Films Group, A 1980
Mit einer ungewohnten Ernsthaftigkeit philosophiert dieserFIlm über die notwendige Unterscheidung zwischen Robotern und Maschinen, undderen natürlichen Eigenschaften. Ein Ausdruck des sinnlichen Begehrens vonHarmonie zwischen Mensch und Maschine, in dem Menschlichkeit als Lösung einersinnvollen Automatisierung erkannt wird.

How Happy a Thing Can Be
Cécile B. Evans, UK 2014
Die Protagonisten sind physische und digitale Avatare: eineSchere, ein Schraubenzieher und ein Kamm. Sie existieren nebeneinander undverbringen ihren Alltag wie Menschen: sie gehen spazieren, sie bluten,schreien, gehen zu Bett und leben in einer Welt, in der es sonderbarerweisekeine Menschen gibt. Doch in Anbetracht ihrer Klagen (»wir dienen als ein Ding«oder »wir sterben als ein Ding«) scheinen sie nichtsdestotrotz Opfermenschlicher Herrschaft über ihre eigene Umwelt zu sein und träumen von einemanderen Leben.

Mountain Where Everything is Upside Down
Shana Moulton, US 2010
In einem leicht verfremdeten häuslichen Setting und inVerbindung von verwirrend trockener Ironie mit Low-Tech-Pop-Anklängen verkörpertMoulton eine Figur, deren Interaktionen mit der Alltagswelt profan und surrealwirken. Indem sich die Protagonistin durch die rätselhaften und mituntermagischen Dinge ihres Wohnungsdekors bewegt, stellt Moulton neue Beziehungen zuObjekten und Konsumprodukten her, die zugleich banal und unheimlich sind.

Pattern of Life
Julien Prévieux, F 2015
Der Film befasst sich mit den Möglichkeiten der Aufnahme vonkörperlichen Bewegungen seit dem späten 19. Jahrhundert und der Erfindung vontechnischen Apparaturen, die die Körperkonturen mit Hilfe von Lichtpunktenregistrieren können. In sechs verschiedenen Einstellungen führen fünfBalletttänzer der Pariser Oper Choreografien aus, die aus wissenschaftlichenund technischen Protokollen abgeleitet sind. Dabei stellt ein Voice-over denjeweiligen wirtschaftlichen, militärischen oder politischen Kontext her. Nichtnur die Zähmung und Normalisierung des Körpers durch den Umgang mit Technikwerden thematisiert, sondern auch ihr poetisches Potenzial. Die Technik scheintuns zu begehren, wie man sie begehrt.

Total Automation

1921 schrieb Karel Čapek in seinem utopischen Kollektivdrama R.U.R. erstmals von Robotern. In den 1930er-Jahren sprach Sigmund Freud vom Menschen als Prothesengott. Heute avancieren wir als Schöpfer von Ersatzteilen selbst zu Werkzeugen, die unter der Kontrolle von Maschinen stehen. Von der Zähmung des Feuers bis zur Erweiterung und Vervollkommnung der eigenen Organe durch Technik haben der Mensch und seine Maschinen im globalen System der automatisierten Moderne somit ihren eigenständigen Status verloren.

Was uns Film seit Anbeginn dessen Produktion als Fiktion vor Augen führte, erreicht uns im Zeitalter der erweiterten technischen Reproduzierbarkeit nicht mehr nur als Werk der Kunst, sondern als Teil eines übertechnisierten Alltags. Die Schöpfer sind zu Werkzeugen der Erzeugenden und somit selbst zum Werk der Erzeugung geworden: selbstlernende Algorithmen, Roboter, mechanische Kommunikationshilfen, lebenserhaltende Maßnahmen, lebensberaubende Gefahren, webbasierte Vernetzungskanäle, virtuelle soziale Räume. Wir schweben auf (Daten)Clouds und fühlen uns verloren, wenn sie mal nicht sind – eine Mensch-Technik-Beziehung begründet auf Abhängigkeit.

Doch wie weit geht sie? Die Automatisierung hat unzählige Formen angenommen. Was bei Henrik Galeen, Fritz Lang oder Stanley Kubrick noch als spekulative Filmfantastik galt, ist zur Teilrealität geworden. Künstlich geschaffene Prothesen haben eine Autonomie erlangt, ein Eigenleben entwickelt und damit auch die traditionelle Objekt- und Subjekt-Trennung in Frage gestellt.

Total Automation widmet sich in drei zusammenhängenden Programmen dieser Entwicklung sowie den sie begleitenden Bildern, Ängsten, Utopien und Dystopien. Mit einer Collage aus historischen Werbefilmen, wissenschaftlichen Dokumentationen, experimentellen Filmarbeiten zeitgenössischer Künstler/innen und ausgesuchten Spielfilmen der Filmgeschichte soll die Automatisierung und das in ihr verborgene Übernatürliche, Magische und Irrationale dort eine Projektionsfläche finden, wo schon immer ein anderer Blick auf die Welt definiert wurde – in der Maschine Kino.

Kurator/innen: Anne Faucheret (Kunsthalle Wien), Tomáš Mikeska (Filmarchiv Austria)

Mit einemTicket für das Filmprogramm Total Automation erhalten Sie in der KunsthalleWien ein Ausstellungsticket zu The Promise of Total Automation für EUR 2.

Termine

Mi 11/5, 20 Uhr
Do 12/5 & Fr 13/5, jeweils 18 & 20 Uhr
Filmprogramm: Total Automation

Mi 11/5, 18 Uhr
Kurator/innenführung mit Anne Faucheret and Tomáš Mikeska

​In Kooperation mit Filmarchiv Austria

Filmarchiv Austria