Veranstaltungsprogramm zur Ausstellung „Televisions – Kunst sieht fern“ (18.9.2001 – 6.01. 2001)
Joan Kristin Bleicher, Hamburg Grundzüge der Fernsehästhetik
Das Fernsehen hat sich als Erzähl- und Bildmaschine im menschlichen Alltag etabliert. Mit einem Set symbolhafter Erzählungen, die es auch aus anderen Medien integriert, erklärt das Fernsehen die Welt ebenso wie das menschliche Zusammenleben. Sendeformen nutzen unterschiedliche Verbindungen visueller und sprachlicher Darstellungselemente. Verschiedene Vermittlungsebenen ergänzen sich oder konkurrieren miteinander. Sendeformen sind durch charakteristische visuelle und dramaturgische Elemente gekennzeichnet, die ihre Identifikation erleichtern. Fernsehzuschauer können durch ihre langjährige Seherfahrung beim Umschalten schnell die unterschiedlichen Fernsehgenres und ihre Erlebniswelten identifizieren. Der Vortrag beschreibt welche visuellen Grundelemente die unterschiedlichen Bereiche dersymbolischen Vermittlung des Fernsehens konstituieren.
Reinhard Braun, Graz Make my Day – Fernsehästhetik zwischen Lust und Disziplinierung
„Die Szenen der Identität sind heute unentwirrbar mit den neuen Technologien des Bildes verknüpft. Zeitungen, Nachrichtenmagazine und das Fernsehen sind zur Bühne geworden, auf der die kollektive geschichtliche Erfahrung versammelt und legitimiert wird. Wie ich geschrieben habe, ist die mediale Raum-Zeit dieses Theaters der Identität nicht neu, sie entwickelte sich innerhalb der technologisch verbesserten Kommunikationsmittel, die für das Projekt der westlichen Modernität von Beginn an wesentlich waren.“ (Victor Burgin) Und wenn Warner Communications bereits 1977 schreiben konnte/mußte: „Seit der exponentiell gesteigerten Verfügbarkeit aller Formen von Kommunikation mußten die ‚Unterhaltungs‘-Medien dazu herhalten, dem Einzelnen Erfahrungsmodelle, Gelegenheiten zur Selbsterkenntnis sowie Elemente der Identität zu liefern.“ – dann hat jede Ästhetik des Fernsehens als Bühne für kollektive Erfahrung und damit für eine Synchronisation von Kultur überhaupt schlichtweg mit der Frage nach dieser Disziplinierung, Steuerung und Kontrolle zu tun, eine Kontrolle, die ich allerdings geneigt bin, als komplizenhaft zu beschreiben. „Was geschieht mit einem Lebewesen, das in einer Welt leben gelernt hat, in der nicht die Natur technologisiert wurde, sondern in der Technologie Natur ist, in der die Grenzen zwischen Subjekt und Umwelt zusammengebrochen sind? (Allucquere Roseanne Stone) Eine gute Frage, für die sich das Fernsehen als nach wie vor interessanter „testing ground“ herausstellen dürfte.
Susanne Lummerding, Wien TV: Screen + Remediation
Wie ist der Begriff des Screen als Repertoire kulturell intelligibler Bilder im Zusammenhang mit dem Fernsehen zu verstehen? Was bedeuten Mediatisierung und Remediation im Verhältnis zu anderen Medien wie etwa dem Internet? Welche Funktion hat der Begriff der Interaktivität im Bereich des Fernsehens und welche Repräsentationen/Repräsentationspraktiken sollen uns den Eindruck des Teilhabens und der Unmittelbarkeit vermitteln? Diese und eine Reihe anderer Fragen sollen zur Diskussion gestellt werden.
Rudolf Frieling, Karlsruhe (ZKM) Black is Beautiful – aber nicht sendefähig Artists Testing the Limits
Wo ist der TV-Schnee von gestern? White Noise und Black Burst bilden technische wie ästhetische Grenzen, jenseits derer erst traditioneller Weise die Ausstrahlung von Content im Massenmedium Fernsehen beginnt. Bei der „Ausschüttung“ von TV-Content „24/7“ (24 hours, 7 days a week) bleibt wenig Spielraum für modernistische, kritische Intervention wie auch für inhaltliche Opposition. Anhand einiger radikaler künstlerischer Positionen aus den letzten 40 Jahren, verbunden mit destruktiver wie konstruktiver Kritik an den technologischen wie inhaltlichen Prämissen des Fernsehens, sollen die impliziten ästhetischen Kategorien massenmedialer TV-Produktion diskutiert werden.
Moderation: Gabriele Mackert